Was du brauchst
Videokonferenz mit Bildschirmübertragung und Aufzeichnung
Fragebogen
Meetingort
Aufnahmegerät oder Notizbuch und Stift
Fragebogen
Anleitung zur Durchführung dieses Spiels
Die meisten Übungen kommen mit wenig (oder ganz ohne) Vorbereitung aus. Nicht so das Kundeninterview. Nimm die Vorbereitung ernst. So machst du viel mehr aus dem Interview – und das kommt letztlich deinen Kunden zugute.
1. Vorbereitungszeit 90 Minuten
WEIT GEFASST ODER UMFASSEND – DU HAST DIE WAHL
Du möchtest generelle Nutzungsmuster untersuchen und dazu weit gefasstes Feedback des Kunden einholen? Plane in diesem Fall ein Interview mit offenem Ende und lass dich vom Gespräch leiten. Ein breiterer Rahmen für das Interview kann überraschende Erkenntnisse darüber liefern, wie dein Produkt oder Service von Kunden wahrgenommen und genutzt wird.
Wenn du nach bestimmten Informationen suchst, kannst du alternativ den Schwerpunkt des Interviews eingrenzen und dich umfassend mit einem bestimmten Thema beschäftigen. Du kannst ein ausführliches Interview verwenden, um deine Annahmen über ein Feature zu überprüfen, die Nuancen einer häufig gestellten Funktionsanfrage zu untersuchen oder dich auf Probleme zu konzentrieren, die Kunden gemeldet haben.
ZUSAMMENSTELLUNG DES INTERVIEWTEAMS
Jeder kann an einem Kundeninterview teilnehmen, aber in der Regel übernimmt ein Produktinhaber, ein Serviceleiter oder ein direkt involvierter Mitarbeiter (wie ein Entwickler, Designer oder Servicemitarbeiter) die Rolle des Interviewers. Ein anderes Teammitglied fungiert als Protokollant und "Co-Pilot" für das Interview. Der Interviewer sollte nicht selbst versuchen, mitzuschreiben – er ist dann schnell abgelenkt und hört nicht aktiv zu.
Außerdem solltest du einen stillen Beobachter einbeziehen. Die Aufgabe des Beobachters ist es, dem Gespräch zu folgen und auf Themen oder Verbindungen zu achten, die der Interviewer und der Protokollant eventuell überhören. Der Beobachter kann dafür sorgen, dass dir nichts Wichtiges entgeht.
DEN PASSENDEN KUNDEN FÜR DAS INTERVIEW AUSWÄHLEN
Nimm dir Zeit, um passende Kunden für das Interview auszuwählen. Entscheide dich bewusst für eine Person, die sich mit dem Themenbereich auskennt, über den du mehr erfahren möchtest.
Denke über deine Interviewziele nach und stelle sicher, dass du Kunden heranziehst, die dazu beitragen. Strebe ein ausgewogenes Verhältnis der Kundentypen an: Zufriedene und unzufriedene Kunden, potenzielle Kunden, die sich in letzter Sekunde gegen den Kauf entschieden haben, und auch Kunden, die von einem Konkurrenzprodukt auf dein Produkt umgestiegen sind (oder umgekehrt).
Lerne jeden potenziellen Interviewpartner so gut wie möglich kennen, bevor du Kontakt aufnimmst, und schreibe ein paar Details als Referenz auf: welche Produkte oder Services sie verwenden, wie lange sie schon Kunde sind, die Team- oder Unternehmensgröße (falls zutreffend), welches Feedback sie bereits gegeben haben usw.
Wenn du passende Kunden für das Interview gefunden hast, sende ihnen eine ansprechende Einladung, in denen du deine Ziele für das Interview, die geplante Dauer und einen Terminvorschlag nennst. Wenn der Kunde in deiner Nähe ist, biete ihm ein Interview in seinem Büro an. Das ist für ihn am einfachsten und du erhältst zusätzlich Informationen über die natürliche Umgebung des Kunden. Falls du den Kunden nicht besuchen kannst, lade ihn in dein Büro ein und sei ein guter Gastgeber.
Ein Video- oder Telefonanruf kann funktionieren, wenn ein persönliches Treffen nicht möglich ist. E-Mails oder ein Formular sind ebenfalls möglich, aber nicht ideal. Bei einem asynchronen Interview könntest du subtile Kontexthinweise und spontane Erkenntnisse verlieren. Lass keine Gelegenheit ungenutzt, um den Kunden persönlich zu befragen und so eine Beziehung aufzubauen.
AUSARBEITUNG DES INTERVIEWSKRIPTS
Du führst keine allgemeine Umfrage zur Kundenzufriedenheit durch, also solltest du das Interview auch nicht improvisieren. Du benötigst ein Skript, auch wenn es nur Anhaltspunkte liefert. Überlege dir zuerst mindestens 20 Fragen. Dann kürze die Liste auf 10 oder weniger (vorausgesetzt, du hast eine Stunde für das Interview Zeit). Verwirf zunächst alle Fragen, die der Kunde wahrscheinlich mit "Ja" oder "Nein" beantwortet.
Deine Fragen sollten sich auf das aktuelle Verhalten konzentrieren, da dieses gute Anhaltspunkte für die Zukunft liefert. Achte jedoch auf potenzielle Bestätigungsfehler und lenke den Kunden nicht in eine bestimmte Richtung. Gestalte deine Fragen so, dass die Ansichten deines Kunden deutlich zum Ausdruck kommen. Überlege dir einige leichte Einstiegsfragen für den Beginn des Interviews, mit denen du eine Beziehung zum Kunden aufbaust: Wie lange hat er seine Position bereits inne? Wie oft verwendet er dein Produkt oder deinen Service? Wie hat er davon gehört?
Wenn das Interview streng vertraulich sein soll, setze eine Vertraulichkeitsvereinbarung auf.
VORBEREITUNG AUF DAS INTERVIEW
Jetzt ist es Zeit für das Interview mit deinem Kunden. Du hast die Fragen und die Notizen zum Kunden für alle Teilnehmer gedruckt. Dein Aufnahmegerät ist geladen. Du hast einige Werbegeschenke als Dankeschön für den Kunden reserviert, z. B. T-Shirts, Tassen oder Aufkleber. Der Interviewraum (wenn ihr euch in deinem Bürogebäude trefft) ist aufgeräumt und fördert eine entspannte Stimmung.
Vergewissere dich, dass die Mitglieder des Interviewteams ihre Rollen genau kennen, damit ihr reibungslos zusammenarbeiten könnt. Der Protokollant soll das Interview nicht leiten und die Beobachter sollen erst am Ende Fragen stellen.
Die folgenden Interviewfragen sind Vorschläge. Passe sie an deine Bedürfnisse und deinen Stil an.
BEISPIEL
Hier findest du einige E-Mail-Vorlagen, die wir als Intervieweinladungen für Kunden verwenden.
Profitipp
Protokollanten können eine Confluence-Seite zum Festhalten von Notizen einrichten. Im Atlassian-Blog findest du Tipps zum Erstellen einer Seite für das Kundeninterview.
2. Begrüßung und Einführung 5 Minuten
Begrüße den Kunden und danke ihm für sein Kommen (auch dies mag selbstverständlich klingen, wird aber leicht vergessen).
Frage, ob er mit der Aufzeichnung des Interviews einverstanden ist, damit du den Wortlaut nachvollziehen kannst, falls der Protokollant einmal den Faden verliert. Erkläre, dass die Aufnahme und das gesamte Interview nur für interne Zwecke bestimmt sind. Du gibst die wichtigsten Punkte des Interviews an dein Team weiter, behandelst es sonst aber als vertraulich und wirst daraus zum Beispiel keine Zitate zu Werbezwecken verwenden.
3. Einstiegsfragen 10 Minuten
Beginne mit den leichten Einstiegsfragen aus deinem Interviewskript. Du legst damit die Grundlage, u. a. für die Beziehung zum Kunden. Achte auf Hinweise wie die Körpersprache und den Ton des Kunden: Fühlt er sich wohl? Ist er offen und ehrlich zu dir?
4. Schwierige Fragen 20 MIN.
Fahre jetzt mit den konkreteren Fragen aus deinem Skript fort. Du musst dich aber nicht Wort für Wort an das Skript halten. Zum Beispiel kannst du spontan Folgefragen stellen, wenn der Kunde etwas Interessantes sagt.
Du kannst in diesem Interviewabschnitt auch einfach ein lockeres Gespräch mit dem Kunden über das für dich relevante Thema führen. Folge einfach deiner Intuition – Hauptsache, du erhältst die gewünschten wertvollen Informationen für dein Team. Es kann schon sehr hilfreich sein, einfach die Problembereiche deines Kunden zu ermitteln. Die Fragen geben einen gewissen Rahmen vor und dienen als Orientierung, wenn du nicht weiterkommst.
Überprüfe im Verlauf des Interviews immer wieder die Antworten. Versuche, das Gehörte in eigenen Worten zu wiederholen oder die Frage noch einmal anders zu formulieren, um dich zu vergewissern, dass dein Protokollant die Meinung des Kunden richtig erfasst hat.
Profitipp:
Bitte den Kunden, dir zu zeigen, wie er das Produkt verwendet oder welchen Problemen er im Alltag begegnet. Zeichne zu Referenzzwecken Screenshots oder ein Video auf, die bzw. das du an dein Team weitergeben kannst.
5. Fragen der Beobachter 10 Minuten
Wenn Beobachter anwesend sind und Fragen stellen möchten, haben sie nun Gelegenheit dazu.
Diese Fragen sollten zu eingehenderem Nachdenken anregen. "Ist dieses Feature nützlich?" wäre keine geeignete Frage. Eine bessere Formulierung wäre: "Warum ist dieses Feature wichtig?" "Was würde passieren, wenn es dieses Feature nicht mehr gäbe?" wäre sogar noch besser. Dem Kunden wird dann entweder der wahre Nutzen des Features klar –oder er stellt fest, dass es doch nicht so wichtig ist.
6. Rollentausch 10 Minuten
Kundeninterviews sind hilfreicher, wenn ein Dialog entsteht. Gib dem Kunden vor Ende des Interviews Gelegenheit, dir Fragen zu stellen. Du wirst überrascht sein, was du dabei erfahren kannst.
7. Abschluss 10 Minuten
Danke dem Kunden für seine Zeit (du kannst das nicht oft genug tun) und vergiss nicht, die Werbegeschenke auszuhändigen.
Wenn ein weiteres Gespräch erforderlich ist, vereinbart es gleich.
BEISPIEL
Nutze das 5 Whys Analysis Play (Analyse der 5 Warum-Fragen), um Probleme zu interpretieren. Das Ergebnis sieht dann in etwa so aus wie hier.
8. Zusammenfassung der Erkenntnisse aus dem Interview 30 Minuten
Rufe dein Team nach dem Interview kurz zusammen. Frage die Teammitglieder nach ihrem Eindruck: War das Feedback des Kunden nützlich? Überraschend? Widersprüchlich?
Ziehe jedoch noch keinen Schlussstrich unter das Interview. Denke noch einige Zeit darüber nach. Lasse die besprochenen Probleme und Verwendungszwecke auf dich wirken.
Um das Optimum aus Kundeninterviews herauszuholen, genügt es nicht, einfach die Kommentare des Kunden und deine eigenen Beobachtungen an den Rest deines Teams weiterzugeben. Du musst das Gehörte und Beobachtete zur Interpretation von Problemen verwenden. Frage nach dem "Warum". Wende dich nicht gleich einer Lösung zu (dazu neigen viele Kunden im Interview), sondern denke über das Verhalten der Kunden und dessen Ursache nach.
Stelle dann eine Verbindung zwischen den genannten Problemen und möglichen Chancen her. Suche nach Mustern, die sich in mehreren Interviews zeigen. Achte auch auf das Feedback von Kunden in Supporttickets, Benutzerforen oder sozialen Medien. Sammle Belege und Argumente zur Lösung der infolge des Interviews ermittelten Probleme.
Lasse dir all dies noch einmal durch den Kopf gehen. Danach kannst du deine Schlüsse schriftlich festhalten.
Weitere Informationen findest du in unserem Artikel "Pyramide für Kundeninterviews".
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