Zusammenfassung: Eine Retrospektive findet immer statt, wenn dein Team Vergangenes reflektiert, um zukünftige Arbeiten zu verbessern. Technische und nicht technische Teams können zu fast allen Themen Retrospektiven abhalten!
Warum solltest du eine Retrospektive durchführen?
Im Jahr 2001 wurde die Agile-Retrospektive entwickelt. Das letzte der 12 Prinzipien der Agile-Entwicklung besagt Folgendes:
"Das Team überlegt regelmäßig, wie es noch effektiver werden kann, leitet dann Optimierungsmaßnahmen ein und passt sein Verhalten entsprechend an."
Das Agile Manifest lässt keinen Zweifel: Um die Werte von Agile optimal umzusetzen, sollten sich Teams regelmäßig treffen, um die bisherige Arbeit zu überdenken und ggf. Anpassungen vorzunehmen. In der Regel setzen Teams dieses Prinzip in Form regelmäßiger Retrospektiv-Meetings um. Diese Art von Meeting steht hier im Vordergrund, aber sie ist nicht die einzige Möglichkeit für Retrospektiven.
Inzwischen werden Retrospektiven nicht mehr ausschließlich in Entwicklerteams abgehalten, sondern auch in den verschiedenen Geschäftsbereichen und generell im Zusammenhang mit Teamarbeit.
Ich kenne Marketingteams, die Retrospektiven zu Kampagnen durchführen, Managementteams, die sich nach großen Präsentationen zu einer Retrospektive treffen, und Atlassian selbst hält wie oben erwähnt gerade eine Retrospektive in der gesamten Branche ab. Diese Offenheit für Retrospektiven und ihr Einsatz in allen Geschäftsbereichen ist sehr zu begrüßen.
Retrospektiven sind so wichtig, weil sie enorm zur Umsetzung der Agile-Prinzipien beitragen. Viele der grundlegenden Konzepte aus dem Agilen Manifest werden in Retrospektiv-Meetings aufgegriffen und vertieft. Beispiele sind folgende Werte:
- Individuen und Interaktionen haben Vorrang vor Prozessen und Tools.
Reagieren auf Veränderungen hat Vorrang vor dem Befolgen eines Plans.
Genau darum geht es letztlich bei der Retrospektive: Wir arbeiten mit anderen Menschen zusammen, um Änderungen und Verbesserungen vorzunehmen. Nur wenige Rituale sind noch besser dafür geeignet, die Prinzipien von Agile zu stärken. Nachdem wir jetzt also wissen, weshalb Retrospektiven so wichtig sind, erfährst du im weiteren Text, wie du selbst ein solches Meeting abhalten kannst.
Das Retrospektiv-Meeting
Retrospektiven bieten deinem Agile-Team eine sehr gute Gelegenheit, sich selbst zu bewerten und einen Plan für künftige Verbesserungen zu erarbeiten. Retrospektiven entsprechen dem Ideal der kontinuierlichen Verbesserung und bewahren das Team zudem davor, sich zu sehr auf den eigenen Lorbeeren auszuruhen. Zu diesem Zweck wirft das Team außerhalb des Arbeitszyklus einen Blick auf die Vergangenheit.
Retrospektiv-Meetings erfüllen folgende Zwecke:
- Das Team beurteilt, wie gut der letzte Sprint, die letzte Iteration oder das letzte Aufgabenelement gelaufen ist. Dabei werden insbesondere die Teamdynamik, die Prozesse und die Tools beachtet.
- Das Team benennt und ordnet ein, was gut geklappt hat und was nicht.
Das Team erstellt und implementiert einen Plan zur Verbesserung seiner Arbeitsabläufe.
Die Retrospektive bietet einen sicheren Rahmen zur Selbstreflexion und Anpassung. Damit sie erfolgreich verläuft, muss eine positive Atmosphäre herrschen, in der alle Teammitglieder gerne einen Beitrag leisten (wozu sie jedoch nicht gezwungen werden).
Für dein Team sollte die Retrospektive ein positives, motivierendes Erlebnis sein. Die Teammitglieder können dort wichtiges Feedback anbringen, ihrer Unzufriedenheit Ausdruck verleihen und gemeinsam Lösungen erarbeiten. Auch die Leiter des Meetings profitieren von der Retrospektive, weil sie Einblick in die Arbeitsweise des Teams erhalten und erfahren, welchen Herausforderungen das Team im letzten Sprint begegnet ist (und welche Erfolge es erzielt hat). Das Ergebnis einer erfolgreichen Retrospektive ist eine Liste mit Verbesserungsmaßnahmen, für deren Umsetzung im nächsten Sprint die Teammitglieder Verantwortung übernehmen.
So führst du deine erste Retrospektive durch
Auch wenn es nicht schadet, das Format der Retrospektive gelegentlich zu variieren (mehr dazu später), sollten Aspekte wie der zeitliche Rahmen, die Teilnehmer und die allgemeine Form so einheitlich wie möglich bleiben.
Wann ist der richtige Zeitpunkt?
Agile-Teams, die mit den üblichen zweiwöchigen Sprints arbeiten, sollten am Ende jedes Sprints eine Retrospektive abhalten. Bei Teams mit einem Kanban-ähnlichen Arbeitsstil sind unter Umständen monatliche oder vierteljährliche Retrospektiven besser geeignet. Nach der Einführung größerer Initiativen sollten möglichst auch Mitglieder des Führungsteams zur Retrospektive eingeladen werden. Achte darauf, dass nicht das Produkt der Arbeit im Mittelpunkt steht, sondern die Teamzusammenarbeit an sich.
Je nachdem, wie lang der Sprint war und wie viel es zu besprechen gibt, solltest du zwischen 30 Minuten und einer Stunde für das Meeting einplanen.
Wer sollte teilnehmen?
An der Retrospektive sollten alle Teammitglieder teilnehmen. Ein Vertreter des Teams leitet die Diskussion. Dabei kann es sich um den Scrum Master oder den Produktinhaber handeln, aber die Rolle kann auch von allen Teammitgliedern abwechselnd übernommen werden. Lade bei Bedarf auch Designer, Marketingmitarbeiter oder andere Personen ein, die am jeweiligen Sprint oder der Iteration mitgearbeitet haben.
Wie läuft das Meeting ab?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Retrospektive aufzulockern (mehr dazu später), aber grundsätzlich sieht eine mögliche Vorlage für Retrospektiv-Meetings folgendermaßen aus:
- Liste kurz auf, was gut funktioniert hat und was verbesserungswürdig ist. Du kannst diese Liste auf einem Whiteboard, einer Atlassian Confluence-Seite oder auch mit Haftnotizen an der Wand erstellen. Unabhängig davon, wo du das Feedback zu Anfang festhältst, solltest du es unbedingt gleich nach dem Meeting so dokumentieren, dass es später zu Referenzzwecken zugänglich ist.
- Priorisiere die Liste gemeinsam mit dem Team nach Wichtigkeit. Vielleicht erkennt ihr, dass mehrere Punkte zum selben Thema gehören und daher gruppiert werden können.
- Besprich mit dem Team Möglichkeiten und Taktiken zum Verbessern der beiden obersten Punkte auf der Liste der verbesserungswürdigen Aspekte. Konzentriert euch dabei auf Ergebnisse, nicht auf Aktionen, Personen oder vergangene Erfahrungen.
- Entwickle einen Aktionsplan. Am Ende des Meetings sollten dem Team einige umsetzbare Verbesserungsvorschläge mit klaren Zuständigkeiten und Fälligkeitsdaten vorliegen.
- Achte darauf, dass die Maßnahmen aus Punkt 4 tatsächlich umgesetzt werden. Nichts ist frustrierender, als wenn in jeder Retrospektive dieselben Probleme auf den Tisch kommen. Vermeide eine solche Stagnation (und die damit verbundene Unzufriedenheit im Team!), indem du darauf achtest, dass am Ende des Meetings jeder genau weiß, was er zu tun hat. Jedem Aufgabenelement aus der Retrospektive muss ein Zuständiger zugeordnet sein, der die Aufgabe bis zur Fertigstellung verfolgt.
Abwechslung sorgt für frischen Wind
Es empfiehlt sich, Retrospektiven zu standardisieren, um sie konsistent und für das Team auf längere Sicht vorhersehbar zu gestalten. An einigen Punkten können Meetingleiter allerdings die Abläufe variieren, um zusätzliche Einblicke zu erhalten, neue Teammitglieder besser einzubeziehen oder einfach dafür zu sorgen, dass die Retrospektiven interessant bleiben.
Bitte einen Außenstehenden, die Leitung des Meetings zu übernehmen. In der Regel leitet der Scrum Master oder Projektleiter die Retrospektive, aber vielleicht kannst du beim nächsten Mal einen Gast als Meetingleiter einladen. Es kann einen positiven Einfluss auf die Dynamik im Team haben, wenn jemand die Diskussion leitet, für den selbst nichts auf dem Spiel steht. Außerdem kann so ein anderer Vertreter des Unternehmens beobachten, wie ihr als Agile-Team arbeitet, und möglicherweise Best Practices für sein eigenes Team mitnehmen.
Variiere die Aufforderungen zum Erstellen der Liste. Unter dem Strich soll die Retrospektive aufdecken, was funktioniert und was nicht. Du kannst die Aufforderungen zum Erstellen der Liste folgendermaßen variieren:
- Aufnehmen/Verwerfen/Beibehalten: Welche Abläufe sollte das Team neu aufnehmen, was sollte es verwerfen und was beibehalten? Besprecht die Vorgehensweise für die Punkte aus der "Verwerfen"-Liste.
- Mehr/Weniger: Wovon sollte das Team mehr tun, wovon weniger? Erstellt einen Plan zum Umgang mit den Punkten aus der "Weniger"-Liste.
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Zufrieden/Unzufrieden/Verärgert: Womit war das Team zufrieden, womit unzufrieden und worüber verärgert? Überlegt, wie ihr die Punkte in den "Unzufrieden"- und "Verärgert"-Listen ändern könnt, damit für das nächste Mal nur die Einträge in der "Zufrieden"-Liste übrig bleiben.
Binde die Unternehmensführung mit ein. Setze nach der Einführung eines größeren Projekts einen halbstündigen Termin mit einem Vertreter des Führungsteams an, bei dem ihr besprecht, wie das Team zusammengearbeitet hat (geht aber nicht zu sehr darauf ein, wie die Initiative an sich gelaufen ist).
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten für Verbesserungen. Vielleicht fällt dir selbst etwas dazu ein? Unabhängig davon, was du erreichen möchtest – vielleicht ein verteiltes Team motivieren oder einen festgefahrenen Retrospektiv-Prozess optimieren – ist es wichtig, das Engagement deines Teams aufrechtzuerhalten und umsetzbare Ergebnisse zu produzieren.